Darmassoziierte Erkrankungen
Verschiebungen in der Zusammensetzung der Mikrobiota, Entzündungen und Veränderungen an der Darmschleimhaut können Krankheitssymptome hervorrufen, die weit über den Darm hinaus reichen. Dazu gehören Allergien, allergisches Asthma, Hauterkrankungen wie Psoriasis (Schuppenflechte) und Neurodermitis sowie Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises.
All diese Krankheiten gehen mit Veränderungen in der Darmmikrobiota einher, und können über den Darm therapiert werden.
Die Mikrobiota im Ungleichgewicht kann sogar zu Veränderung des Sozialverhaltens führen: Autismus-Spektrum-Erkrankungen werden mit einer veränderten Darmmikrobiota assoziiert. Genauso wird der Zustand unseres Darm mit „depressiven Verstimmungen“ in Verbindung gebracht.
Wie oben schon erwähnt, ist Serotonin ein „Glückshormon“, das entscheidend unsere Stimmung beeinflusst. 95% des Serotonins aber ist in unserem Darm gespeichert.
Unsere Darmmikroben und ihre Metaboliten*5 sind an der Entstehung einer Depression beteiligt und entscheiden maßgeblich über ihre Schwere und Länge.
Weitere Erkrankungen, die mit der Mikrobiota zusammenhängen sind (offensichtlich) Colitis Ulzerosa, Morbus Crohn, das Reizdarmsyndrom und Adipositas (das Mengenverhältnis von zwei wichtigen Mikrobenfamilien im Darm spielt eine entscheidende Rolle für die Entstehung von Übergewicht). Weniger offensichtlich gibt es eine direkte Verbindung zwischen der Menge und Vielfalt der Keime in unserm Darm und einem geschwächten Herzen – ein verändertes Mikrobiom kann also zu Herzerkrankungen führen!
Am erstaunlichsten vielleicht aber ist die Verbindungen des Darms zu degenerativen Krankheiten unseres Gehirns, wie Morbus Parkinson und Alzheimer.
Das Leaky-Gut-Syndrom *10, eine Sonderform der Entzündung im Darm, bei der die Darmschleimhaut durchlässig wird, geht häufig auch mit Verhaltensänderungen und emotionalen Veränderungen einher.
Auf lange Sicht kann es durch die aus dem Darm austretenden Stoffe zu Entzündungen im ganzen Körper kommen, die auch das Gehirn betreffen. Die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut und der Blut-Hirn-Schranke stehen in enger wechselseitiger Verbindung. Wir haben die gleichen Botenstoffe im Bauch wie im Kopf!
Ernährung und der Darm
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass eine Vielfalt in der Ernährung, „etwas von Allem“ die Vielfalt der Darmmikrobiota begünstigt.
Außerdem muss auf die gefährliche entzündungsfördernde Wirkung hingewiesen werden, die eine Kost mit versteckten Fetten und künstlichen Süßstoffen mit sich bringt.
Das Problem versteckter Fette: sie vermehren vor allem das Viszeralfett im Bauchraum.
Das aber stellt eine Hauptquelle für Entzündungsmoleküle dar, die im Blut zirkulieren, und deren Anzahl so zunimmt. Durch solch eine „metabolische Endotoxämie“, also eine verdauungsbedingte Vergiftung, erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.
Außerdem überlisten Produkte mit versteckten Fetten, wie Chips oder gesalzene Nüsse, das Sättigungsgefühl, und fördern so Probleme wie chronisches Überessen.
Die für Lebewesen unwürdige Tierhaltung (Zuchtbedingungen, chronischer Stress, unnatürliches Futter, Medikamente) programmiert den Darm der Nutztiere auf Entzündungen
und Erkrankungen des Verdauungstrakts. Sie zu essen verändert erheblich und auf ungünstige Weise unsere Darm-Mikrobiom-Achse.
Herbizide wie Glyphosat führen außerdem zu Kollateralschäden in unserem Darmmikrobiom.
Es scheint, dass die Reduktion der Artenvielfalt auf der Welt und der Vielfalt unseres Darmmikrobioms sich entsprechen.
Das vermehrte Auftreten von Darmerkrankungen ist also nicht nur ein individuelles Geschehen. Über den Darm ist jeder von uns eng mit seiner Umwelt verbunden.
So läßt sich davon ausgehen, dass der Angriff auf die natürlichen Ökosysteme unserer Umwelt duch Herbizide und andere Umweltgifte zusammen mit der Schädigung der Darmmikrobiome des „Nutzviehs“ sich auf unsere Darmmikrobiota wesentlich auswirkt, und zu dem Anstieg von Gehirnstörungen in den letzten 50 Jahren ( Parkinson, Alzheimer, Autismus-Spektrum-Erkrankungen) massiv beigetragen hat.
Nahrungsmittelzusätze und versteckte Fette führen außerdem zu einer Verschiebung in der Darmmikrobiota, die die Entwicklung von Übergewicht bewirkt.
Fazit: Durch das was, wann und wie wir essen, programmieren wir unsere Darmmikrobiota und die Signalmoleküle, die sie bildet.
So lassen sich Reizdarm-Symptome durch den Verzicht auf Gluten mindern.
Weizengluten wird zum Beispiel Brot, Nudeln, Pizza, Bier, Fleischspeisen, Soßen und Milch aus herkömmlicher Produktion künstlich hinzu gefügt, um ihre Konsistenz zu verbessern, oder die Haltbarkeit zu verlängern.
Ähnlich ist es mit Emulgatoren, die von der Lebensmittelindustrie als Konservierungsstoffe, Verdickungsmittel und Antioxidationsmittel eingesetzt werden, und die die Entwicklung von chronischen Darmerkrankungen und dem metabolischen Syndrom massiv fördern können.
Lange bevor ein Morbus Parkison Symptome wie den Tremor der Hände erzeugt, gibt es Magen-Darm-Beschwerden, wie z.Bsp. Verstopfung. Die Darmmikrobiota verändert sich erheblich.
Viele Erkrankungen, deren Entstehung und Verlauf als schwer beeinflussbar gilt, haben einen deutlichen Bezug zu unserem Darm, und ließen sich durch Maßnahmen wie eine angepasste Diät im Vorfeld günstig beeinflussen.
Moderner Lebenswandel und der Darm
Wir sind heute an viel mehr Chemikalien und Fremdstoffe (inklusive Medikamente und Strahlenbelastung) ausgeliefert als je zuvor. Gemeinsam mit dem Alltagsstress, unter dem die meisten Menschen inzwischen stehen, schaden sie dem Darmmikrobiom und der Darm-Hirn-Achse.
Das Ergebnis ist ein Ungleichgewicht, eine suboptimale Gesundheit über längere Zeit: „Man ist nicht krank und ist auch nicht gesund“.
Schulmedizinisch gibt es keinen Befund, aber wir sind chronisch gestresst, voller Sorgen, brauchen nach Belastung länger, um uns zu entspannen, leiden eventuell mehr oder weniger unter Übergewicht, einem Blutdruck an der Grenze zur Hypertonie und ständigen leichten Verdauungsstörungen.
Dieser Zustand stellt einen großen Risikofaktor für die Entwicklung schwerer, chronischer Krankheiten dar, die sich an diesem Punkt durch eine Behandlung noch gut vermeiden ließen. Er ist eine Aufforderung, sich um unsere Gesundheit zu kümmern, besonders um die Gesundheit unseres Darms.
Denn bei zusätzlicher Belastung trägt die Darmmikrobiota entscheidend zum Ausbruch einer chronischen Entzündung bei.
Eine „Metabolische Toxämie“*9 , eine Entzündung aufgrund der Ernährung und negativer Emotionen, kann zu strukturellen und funktionellen Veränderungen im Gehirn führen.
Die Darmmikrobiota „aktiviert“ den Darm und macht ihn durchlässig. So können chronischer Stress und eine Ernährung, die von versteckten Fetten dominiert wird, zur Entwicklung eines „Leaky gut“*10 beitragen.
Eine zusätzliche Belastung können Darminfektionen und Antibiotika sein.
Beide verringern die mikrobische Vielfalt im Darm, und erhöhen so unsere Anfälligkeit für Adipositas, chronische entzündliche Darmerkrankungen und andere Autoimmunstörungen.
Neben unseren Essgewohnheiten, unserer Lebensweise und Umwelt spielen aber auch frühe negative Lebenserfahrungen und die Aktivität unseres Immunsystems eine wichtige Rolle.
*5 Metaboliten sind chemische Signale, die die Darmmikroben aussenden, meist unter dem Einfluss von Enzmen, die von den Darmbakterien produziert werden. Jedes Enzym hat eine bestimmte Aufgabe, z.Bsp. Proteine aufzuschließen oder Vitamine herzustellen.
*8 Das limbische System ist ein Gebiet zwischen Großhirn und Gehirnstamm,
das die hormonale Steuerung und das vegetative Nervensystem beeinflusst und von dem gefühlsmäßige Reaktionen auf Umweltreize ausgehen.
*9 Metabolische Toxämie – Wenn Entzündungen, Stress oder versteckte Fette im Essen die natürlichen Barrieren geschädigt haben, die uns von den unzähligen Mikroorganismen im Darm trennen, können die Darmmikroben oder ihre Signalmoleküle die Darmschleimhaut in größerer Zahl durchdringen und das Immunsystem im Darm aktivieren. Die Folge kann eine sich im ganzen Körper ausbreitende Entzündung sein.
*10 Leaky gut bedeutet, dass die Barrierefunktion der Schleimhaut des Darms gestört ist. In Folge dessen können Bakterien und Toxine aus dem Darm in den Blutkreislauf gelangen und systemische Entzündung fördern.
Die Fakten über den Darm entsprechen neuesten Forschungsergebnissen und entsstammen im Wesentlichen folgenden Büchern:
Emeran Mayer, „Das zweite Gehirn“ ,
Alanna Collen, „10 % human“
Michael D. Gershon, „The second brain“
Gregor Hasler, „Die Darm-Hirn-Connection“
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